Fette Ferien

29. Januar 2020, gepostet in AllgemeinSüd-Norwegen, 15.07. ff

Suzi ist bei uns solange ich denken kann. Ich habe Papa verboten, sie herzugeben. Okay, Suzi ist alt, aber sie ist eine treue Seele. Suzi ist unser SuperUrlaubsZImmer.

Suzi ist die Beste, auch wenn es manchmal durchs Dach regnet und die Heizung kaputt ist. Aber es ist ja Sommer. Und das Allerbeste ist: Luna, unsere Hündin, kann auch mit in die Ferien. Praktisch, so ein Camper.

Töff-Töff! Wir tuckern durch Dänemark bis Hirtshals, wo uns eine Fähre nach Norwegen bringt. Von da aus soll es weiter gehen nach Schweden. Alle Menschen, die wir treffen, sagen: „Schweden? Was wollt ihr in Schweden, wenn ihr Norwegen haben könnt!“ Schweden sei schön, aber kein Vergleich zu Norwegen! Wir ändern unsere Route. Statt über Oslo nach Schweden reisen wir durch den Süden Norwegens.

Die erste Station ist gleich ein Volltreffer. Norwegens schönster Sandstrand! Vom Campingplatz aus sind es hundert Meter zum Meer, außerdem gibt es zwei Wasserrutschen und eine Grillstation. Wir bestellen Burger mit Pommes. Doppeldaumen hoch! Auf zur Strand-Inspektion! Die Bucht ist 800 Meter lang, weißer Sand, eingefasst von schwarzen Felsen. Wir kraxeln mit Luna über die Böschung und entdecken eine weitere Bucht, und noch eine Bucht und noch eine, eine schöner als die andere. Mit Inselchen davor. Ein zauberhaftes Schären-Labyrinth. Das Meer glitzert in der Abend-sonne, die Angler werfen ihre Ruten aus, die letzten Kutter tuckeln zurück in den Hafen. 

Die Luft ist warm, vielleicht 25 Grad, das Meer ist frisch, vielleicht 17 Grad. Brr! Aber man gewöhnt sich schnell daran. Morgens erkunden wir die Buchten mit unseren Paddle Boards. Das Wasser ist klar und wir können bis zum Meeresboden hinab gucken. Fische sehen wir allerdings kaum. Sicher sind die weiter draußen, sonst würden ja die Fischerboote nicht rausfahren.

Luna ist immer dabei. Außer bei den Wasserrutschen. Leider Hundeverbot! Beinahe hätte auch Papa ein Rutschverbot erhalten. Wenn er im Becken einschlägt, schießt eine fette Fontäne über das Becken hinaus und macht alle im Umkreis von mindestens fünf Metern pitschnass. Nach einigen Wasserbomben kriegen es die Kleinkinder mit der Angst zu tun, zumindest verlassen sie fluchtartig das Becken, wenn Papa startet. 

Von mir aus könnten wir hier bleiben, ist aber nicht der Sinn eines Road-Trips, sagt Papa. Nach zwei Tagen geht es weiter die Küste entlang. Ist allerdings nicht so einfach, denn Norwegen besteht hauptsächlich aus Fjorden und Bergen. Und die stehen gerne mal im Weg. Suzi keucht. Gib alles, du schaffst es! Schau nur, wie schön es hier oben ist, wie im Märchen! Alte, knorrige Bäume, verschachtelte Täler, Zinnen und Mulden, und überall diese gigantischen Felsen. Sie liegen herum, als hätte ein Riese gerade eine Packung Murmeln ausgeschüttet. Irgendwo hier sollen sich Trolle verbergen und nachts aus ihren Verstecken kommen. Ich sehe einen! Mit einer riesigen Nase! Aber es ist nur ein Troll aus Holz. Schade Schokolade. Wir entdecken einen zauberhaften Bergsee. Mit einer Wasserrutsche drin. Und zwischen den Ufern ist ein Seil gespannt, mit einer Rolle dran. Einfach dran festhalten und über den See fetzen. In der Mitte lässt du los und plumpst aus zwei Metern Höhe in den See. Super!

Das Coole an einem Camper: du hast immer alles dabei. Badeanzug, Handtuch, kalte Getränke, Futter, eine Toilette, dein Bett, Stirnlampe, Fischnetz, überhaupt alles, was du für ein Abenteuer brauchst. Außerdem ist die Fahrt entspannt. Papa sitzt vorne am Steuer. Mama, Luna und ich liegen hinten im Bett und gucken gemütlich einen Film. Plötzlich! Ein Western Saloon! Mitten in der Pampa. Brems! Auf dem Saloon-Schild steht etwas von Elvis. Den scheint Papa zu kennen. Er staunt Bauklötze: „Ein Western-Elvis-Saloon? Mitten in Norwegen? Das gibt’s nicht!“ Gibt’s doch, und da kommt auch schon ein Cowboy raus. Ein echter Cowboy. Er heißt Sigmund. Er ist Norweger und der Saloon ist sein Hobby, sagt er. Sigmund zeigt uns alles. Der Saloon ist diesem Elvis gewidmet. Fotos, Klamotten, Hüte, Stiefel, Sonnenbrillen, tausend kleine Sammlerdinge und ein Schild von 1959: Elvis the King. Muss wohl ein guter Sänger gewesen sein. In der Garage parken Oldtimer, auch aus den 50er Jahren. Papa kriegt den Mund nicht zu. Und Sigmund erzählt und erzählt. Wir würden gerne noch bleiben, aber uns wird etwas mulmig, als Sigmund auf ein zweites Haus zeigt und sagt, da lebe seine Mutter, aber sie wäre jetzt nicht da. Irgendwie erinnert das Mamapapa an den Gruselthriller „Psycho“. So ein Quatsch, solche Angsthasen! Wir dürfen aber erst weiter, wenn die US-Flagge gehisst ist, also beobachten wir Sigmund dabei, wie er neben die Norwegen-Fahne die US-Fahne hisst. Sigmund liebt Norwegen und er liebt die USA, weil er Elvis liebt und die Autos, die man damals in den Staaten fuhr. Die sehen toll aus und sind richtig groß. Vorne gibt es keine Mittelkonsole, der Sitz geht über die volle Breite. Wie ein Sofa! Da haben locker drei Personen Platz.

Wir übernachten an einem minikleinen Fischerhafen mit Leuchtturm. Als ich morgens aus dem Fenster blinzele, starren mich acht riesige Kulleraugen an. Schreck! Sie gehören vier ausgewachsenen Rindern. Ob die ihr Frühstück jagen? Wir suchen nach einem Fluchtweg, aber überall sind Rinder. Eine Herde grast am Strand, eine andere saust über die Wiesen als wäre ein Schwarm Hornissen hinter ihnen her. Unsere Rinder sind beängstigend ruhig, starren uns an wie Zombis. Schließlich trauen wir uns aus dem Camper, müssen wir ja, weil draußen unser Wasserkanister steht. Zähneputzen muss sein. Oder lieber doch nicht? Papa schnappt sich schnell den Kanister und wir verschanzen uns im Camper. Suzi beschützt uns. Irgendwann wird es den Zombie-Rindern zu öde mit uns und sie schlendern davon. Puh!

Weiter geht’s! Die Landschaft wird jetzt flacher. Wir besuchen eine Riesen-Düne, stoßen auf deutsche Bunker aus dem 2. Weltkrieg und machen in einem kleinen Fischerdorf halt. Im Hafenbecken stehen Kinder knietief im Wasser und fangen Krabben. Wir bestellen Burger mit Pommes. Die sollen hier besonders gut sein, sagt Mamas Smartphone. Sie sind besonders gut. Anscheinend können die Norweger nicht nur Fisch.

In keiner anderen Stadt in Europa soll es so viel regnen wie in der Stadt Bergen. Wir haben Glück. Es scheint die Sonne. Wir sehen uns ein berühmtes altes Viertel an, eine Art Freilichtmuseum, in dem noch alles so aufgebaut ist wie vor zweihundert oder noch mehr Jahren. In die Holzhäuser sind Restaurants und Künstler-Boutiquen eingezogen. Am Kai reihen sich Food-Stände, wo man frischen Fisch kaufen oder frisch zubereitet essen kann. Wir bestellen Krabben. Am Nebentisch sitzen Japaner, die ihre Krabben vorher sehen und aussuchen wollen. Ein Angestellter holt zwei Exemplare aus dem Aquarium. Uah, sind die groß! Riesenkrabben!! O Gott, die leben ja noch. Und haben Preisschilder an ihren Scheren, wie im Supermarkt. Die werden doch nicht, ahhh, wie gemein!! Tiere essen ist das eine, sie umzubringen ist etwas ganz anderes. Wir haben zwar nur kleine Krabben bestellt, aber jetzt mag ich sie nicht mehr. Die armen Tiere!

Töten ist nichts für mich, aber Fangen macht Riesenspaß. Hab ich bei den einheimischen Kindern abgeschaut. Es ist ganz einfach. Du nimmst eine Schnur, knotest eine Wäscheklammer dran, steckst ein Stück Wurst oder eine Muschel in die Klammer und lässt die Schnur ins Wasser. Krabben lieben Fleisch. Nach fünf Minuten hängt die erste Krabbe an der Wäscheklammer und grabscht gierig nach der Wurst. Sie lässt nicht los, wenn du die Schnur einholst. Schwupp, Krabbe im Eimer! Und weiter geht’s! In einer Stunde habe ich sieben Krabben gefangen. Als es dunkel wird, so gegen Mitternacht, lasse ich die Krabben wieder frei.

Ein ausgewachsener Fjord ist in Norwegen gut und gerne eine halbe Tagesreise lang. Unser Fjord streckt seinen Arm über 200 Kilometer ins Land. Wir sind ewig unterwegs. Erst die Nordseite entlang. Von dort aus sehen wir einen Gletscher auf der anderen Uferseite. Schnee im Sommer, zum Greifen nah. Dann die Südseite entlang, wo sich Obstbäume an den Bergflanken sonnen. An der Straße reihen sich Holzverschläge, vor denen die Obstbauern ihre Früchte verkaufen. Obst-Plantagen hoch im Norden! Die Kirschen schmecken vorzüglich.

Wohin wir auch kommen, überall erwartet uns ein kleines Abenteuer, so auch in der Telemark. Tausend kleine Seen, Milliarden knorriger Fichten und Tannen und überall Felsen und Steine und Schluchten und Tunnel, vor allem Tunnel. Hunderte Tunnel. Ein Tunnel hatte sogar eine Kreuzung. Mitten im Berg.

Die Natur in Norwegen ist Wahnsinn. Aber keine Natur der Welt ist so toll wie Wasserrutschen oder ein Arschbomben-Steg. Deshalb fahren wir für die letzten Ferientage dahin zurück, wo unsere Reise begann. An den Campingplatz am schönsten Strand von Norwegen. Und ratet mal, was es zum Abendessen gibt? Yep, Burger mit Pommes!

verfasst von rudolf.ferien

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